Der beherzte Patient

Vom gesunden Umgang mit Krankheit

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Basisch ist besser

(Blog) Viktor Glaser habe ich über meinen integrativen Onkologen, Dr. med. Nils Thoennissen, kennengelernt. Die beiden arbeiten eng zusammen und haben mich während einer zweiwöchigen biologischen Behandlung gemeinsam betreut. Viktor Glaser stammt aus einer Mediziner-Familie aus Kasachstan und praktiziert als Heilpraktiker in Bad Sassendorf. In den vergangenen Jahren hat er sich in Fachkreisen vor allem einen Namen zum Thema „Säure-Basen-Haushalt“ gemacht.

Warum sind eigentlich so viele Menschen übersäuert?

Es ist unser modernes Leben – Stress und Hektik, zu wenig Bewegung, einseitige Ernährung bzw. Fast Food, Softdrinks statt Wasser, Alkohol, zu viel Zucker, Weißmehl und tierische Eiweiße. Dazu kommen noch vielfältigste Umweltbelastungen, die wir Menschen selbst verursachen. Ich gehe davon aus, dass mindestens achtzig Prozent der Menschen heute übersäuert sind.

Wie sind Sie zu Ihrem Spezialgebiet Säure-Basen-Haushalt gekommen?

Mir ging es vor allem darum, fortschrittliche Konzepte entwickeln zu können. Für den Säure-Basen-Haushalt interessiere ich mich schon lange. „Die Mikrobe ist nichts, das Milieu ist alles!“, sagte vor mehr als hundert Jahren der französische Chemiker und Mediziner Professor Antoine Béchamp. Milieu, das ist der Raum zwischen den Zellen. Der Nobelpreisträger Dr. Otto Warburg wusste beispielsweise schon in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass eine der Hauptursachen für Krebs und andere Erkrankungen die Übersäuerung des Körpers ist. Und der Internist Dr. Berthold Kern, der in den 50er Jahren in Stuttgart lebte, sah in der Azidose, das ist der Fachbegriff für Übersäuerung, die Hauptursache für Schlaganfall und Herzinfarkt. Im Umkehrschluss heißt das, dass die Krankheiten in einem basischen Milieu kaum oder gar nicht existieren können. In der Naturheilkunde spielt der Säure-Basen-Haushalt glücklicherweise wieder eine wichtige Rolle, und bei meinen Vorträgen sehe ich, dass sich auch zunehmend Schulmediziner für dieses Thema interessieren.

Und was haben Sie in diesem Bereich neu entwickelt?

Die grundlegenden Erkenntnisse sind alt und bis heute gültig. Das Problem sind die Messmethoden, die viel zu ungenau sind. Viel hilft viel, das ist hier der falsche Ansatz und kann auch kontraproduktiv sein. Wir müssen schon die Werte bei jedem Patienten möglichst genau bestimmen, um vernünftig behandeln zu können. Das ist der Punkt, an dem ich angesetzt habe. Mit Hilfe eines Kollegen habe ich die Messmethode nach Hans Heinrich Jörgensen verfeinert, indem ich zusätzliche Parameter wie Kalium, Hämoglobin und Hämatokrit mit ins Kalkül gezogen habe. Außerdem haben wir eine EDV-Lösung mit speziellen Berechnungs-Algorithmen entwickelt. Damit bestimme ich die Werte über das Blut in meinem eigenen Labor.

Ich dachte, ich kann ganz einfach mit einem ph-Teststreifen aus der Apotheke prüfen, wie basisch oder sauer ich bin …

Damit lässt sich nur der Ist-Zustand ermitteln, und der schwankt erheblich, je nachdem, was ich gerade gegessen oder getrunken habe, zu welcher Uhrzeit ich messe oder ob ich ausgeruht oder gestresst bin. Das ist viel zu ungenau. Die ausschlaggebenden Werte ergeben sich aus Zuständen im Gewebe, und die kann ich nur über das Blut und spezielle computergestützte Auswertungsverfahren bestimmen.

Was genau bedeutet eigentlich „Übersäuerung“?

Unser Säure-Basen-Haushalt ist die Grundlage unseres gesamten Stoffwechsels. Dass Säuren und Basen im Gleichgewicht sind, ist dafür genauso wichtig wie eine Körpertemperatur von etwa 37 Grad. Wenn dieses Gleichgewicht gestört ist, und das ist eine Entwicklung, die oft über viele Jahre hinweg schleichend und unbemerkt entsteht, hat das gravierende Auswirkungen auf unseren Stoffwechsel und unser Immunsystem.

Worum geht es dann bei der Behandlung?

Der Säure-Basen-Haushalt ist kein starres System, es geht um die Aktivierung von Mechanismen, die ein Gleichgewicht herstellen. Ich nenne diese Mechanismen Pufferkapazitäten, eine Art Schutzschild vor überschüssiger Säure. Diese Puffer finden sich im Raum zwischen den Zellen, aber auch im Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff. Bei der Behandlung stärken wir die Pufferkapazitäten – mit basische Bädern, basischer Ernährung oder Infusionen mit Bicarbonaten, also basischen Salzen. All das sind Möglichkeiten, den Säure-Basen-Haushalt günstig zu beeinflussen. Bei Krebspatienten machen wir das unmittelbar vor einer Chemogabe, die extrem an den Pufferkapazitäten knabbert und ungeheuer säuert. Deshalb bauen wir vorher die Pufferkapazität auf, und tatsächlich sind die Patienten dann fitter, haben Appetit und vertragen die Chemo besser.

Wie reagiert der Darm auf eine Übersäuerung?

Hier wird es besonders interessant: ein Säure-Basen-Ungleichgewicht kann hier zur so genannten Dysbakterie führen, also zur Entartung der Darmflora. In der Folge ist die Aufnahme von Nährstoffen gestört. Das kann zu bestimmten Mangelzuständen führen – obwohl die Patienten über die Nahrung eigentlich genügend Nährstoffe aufnehmen. Gleichzeitig ist das Immunsystem betroffen, es kommt zu unter- oder überschießenden Reaktionen. „Unterschießend“ bedeutet eine Immunschwäche und somit möglicherweise eine chronische Infektanfälligkeit. „Überschießend“ heißt, dass es leicht zu Autoimmunreaktionen kommt: Es entstehen Allergien, Bronchiales Asthma, Neurodermitis, Psoriasis und anderes mehr. Es ist bekannt, dass der Darm eine entscheidende Rolle in unserem Immunsystem und dabei praktisch bei allen akuten und chronischen Erkrankungen spielt.

Es wird ja auch immer wieder von „Schlacken“ im Körper gesprochen, Giftstoffe, die nicht oder nicht vollständig ausgeschieden werden. Im Ayurveda ist das zum Beispiel ein ganz großes Thema, und auch bei uns ist ja „Detox“ gerade schwer in Mode. Spielt hierbei die Übersäuerung auch eine Rolle?

Ja, das tut sie. Die abgepufferten, also neutralisierten überschüssigen sauren Verbindungen können im Gewebe als schwerlösliche Salze abgelagert werden und stören somit die gesamten Transportvorgänge darin. Durch einen gestörten Säure-Basen-Haushalt wird auch die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten und Stoffwechselgiften beeinträchtigt. Sie bleiben teilweise im Körper und belasten enorm unser wichtigstes Entgiftungsorgan, die Leber. Die Patienten fühlen sich matt und abgeschlagen. Es heißt ja nicht umsonst im Volksmund: „Müdigkeit ist der Schmerz der Leber.“

Sie unterstützen Ihre Patienten ja noch auf andere Weise. Wie sieht das beispielsweise bei Krebspatienten aus?

Wir stärken die Organe, besonders die Leber, mit komplex-homöopathischen und pflanzlichen Mitteln. Außerdem geben wir hochdosiertes Vitamin C und antikarzinogen wirkendes Kurkuma – in komplementärmedizinischen Kreisen mit Blick auf erstaunliche Erfolge gerade heiß diskutiert. Zur Gabe der organischen Verbindung Dichloracetat gab es schon vor mehr als zehn Jahren hoch interessante Studien, DCA vernichtet Tumorzellen und aktiviert die Sauerstoffproduzenten in unserem Körper, die Mitochondrien, die bei Krebszellen die Apoptose auslösen, also quasi den Selbstmord. Die Unterstützung der Mitochondrien ist heute auch durch bioenergetische Verfahren möglich.

… und durch viel Bewegung an der frischen Luft …

Natürlich, das auch! Aber oft reicht das nicht aus. Entscheidend ist, dass man eine so komplexe Erkrankung wie Krebs multimodal, also vielfältig, behandelt. Dazu müssen wir um das Zusammenwirken der verschiedenen Ansätze wissen, die sich nämlich gegenseitig hemmen oder verstärken können. Für mich steht fest, dass wirklich keine Krebserkrankung der anderen gleicht, also jeder Patient hoch individuell behandelt werden muss.

Und Sie haben mit solchen Behandlungen wirklich Erfolg?

Eindeutig – so, dass auch der eine oder andere Onkologe ins Staunen kommt. Gerade hatten wir eine Patientin mit metastasiertem Krebs, die so schwach war, dass sie kaum noch aufstehen konnte. Nach unserer Behandlung hat sie wieder Sport getrieben …

Wie finde ich Ärzte und Heilpraktiker, die solche Behandlungen anbieten?

Das ist in der Tat nicht so einfach. Über einen Blog wie Ihren zum Beispiel. Mund-zu-Mund-Propaganda. Facebook, Patientenforen. Wir halten den Ball gerne flach, weil wir aus bestimmten Richtungen hart und oft unfair kritisiert werden. In der Medizin geht es eben auch um viel Geld.

Was liegt Ihnen besonders am Herzen?

Ich finde es schade, dass Naturheilkunde und die Schulmedizin so auseinanderdividiert werden. Ich bemühe mich sehr um eine Zusammenarbeit mit schulmedizinischen Kollegen. Denn für mich gibt es nur eine Heilkunst, nämlich die, die dem Patienten dient.

Infos zu Viktor Glaser: http://www.heilpraxis-glaser.de/

Infos zu Dr. med. Nils Thoennissen: http://www.klinik-st-georg.de/

Infos zu säure- und basenbildenden Nahrungsmitteln: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/saure-und-basische-lebensmittel.html

Infos zu biologisch-onkologischen Verfahren: www.biokrebs-heidelberg.de

 

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