Der beherzte Patient

Vom gesunden Umgang mit Krankheit

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Ernährung

Die Küche als Apotheke

Ich habe einmal von einer spät diagnostizierten, schwer krebskranken Frau gelesen, die sich konsequent nach der Säure-Basen-Diät ernährte – und einen Heilungsprozess aufwies, der sämtliche Ärzte in Erstaunen versetzte und sie raten ließ: „Was immer Sie da machen – machen Sie’s weiter.“

Ernährung ist das A und O für unsere Gesundheit. Alte Heilsysteme nutzen Nahrung als Medizin – und das häufig sehr erfolgreich. Es ist ja irgendwie einzusehen: Unsere Zellen beziehen ihre Energie aus der Atemluft, Wasser – und dem, was wir an Nahrung zu uns nehmen. Man kann sich auch grob vorstellen, dass sich unsere Zellen mehr über einen grünen Smoothie als über eine fette Pizza freuen.

Dann aber wird es schwierig: Richte ich mich nach der modernen Ernährungswissenschaft oder doch eher nach den Ernährungsweisheiten der Chinesischen oder Tibetischen Medizin, folge ich den Ayurveden oder vielleicht doch lieber Hildegard von Bingen (Dinkel, Dinkel, Dinkel!). Ich weiß bis heute nicht recht, welchen Weg ich hier am besten gehe – und halte mich an den Rat meiner alten Hausärztin: „Essen Sie vielfältig, ökologisch, regional und saisonal.“ Wenn ich das hinkriege, bin ich schon ziemlich stolz. Dazu habe ich die Hinweise aus dem bekannten Buch „Krebszellen mögen keine Himbeeren“ der kanadischen Ärzte Prof. Dr. med. Richard Béliveau und Dr. med. Denis Gingras inzwischen verinnerlicht. Sämtliche Kohlsorten, vor allem Broccoli, Zwiebelgemüse, Knoblauch, Pilze, Kurkuma, Ingwer, Leinöl, fetter Seefisch, Zitrusfrüchte, Beerenobst, grüner Tee, dunkle Schokolade (ab 70 Prozent Kakao) und dann und wann ein Schlückchen Rotwein kommen bei mir regelmäßig auf den Tisch.

Was haben die Kanadier gemacht? Sie haben altes, beinahe verlorenes Volkswissen über Ernährung im Reagenzglas untersucht und herausgefunden, dass insbesondere bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe Krebszellen angreifen bzw. gesunde Zellen schützen, vor allem auch anti-entzündlich wirken (Entzündungen gehen mit vielen Krankheiten einher, auch Krebs). Dazu gibt’s leckere, leicht nachzukochende Rezepte. Eine ziemlich einfache Übung, finde ich.

Wenn sich Ernährungslehren widersprechen

Bei den diversen Vorträgen bei meiner Ayurvedakur hörte ich dann mit Erstaunen, dass es nicht auf die Bestandteile der Nahrung und ihre Wirkung auf den Organismus ankomme, sondern auf die Energiebilanz. So ist den Ayurveden ziemlich schnuppe, dass Kohl mit seinen Glucosinolaten einen hochwirksamen krebshemmenden Pflanzenstoff liefert. Er verbrauche viel Energie bei der Verdauung und weise damit eine ungute Energiebilanz auf. Es ist aber der Energiegewinn, der nach ayurvedischer (und chinesischer bzw. tibetischer) Auffassung entscheidend ist. Also: doch kein Kohl?

Auf meine besorgte Nachfrage lenkte die Ayurvedatherapeutin allerdings ein: Mit etwas Kreuzkümmel angemacht, sei der Kohl leichter verdaulich. Damit hätte ich meine Anti-Krebs-Stoffe mit einer akzeptablen Energiebilanz. Geht doch. Und was ist mit der bei uns im Westen hochgelobten Rohkost? Schwer verdaulich, also besser andünsten, lautet hier die Antwort – und das geschieht besser auf dem Herd als im Körper. Auch Kaltgetränke werden aus energetischen Gründen nicht gerne gesehen: Es kostet den Körper einfach zu viel Energie, sie aufzuwärmen.

Die Ernährungslehre in Ayurveda oder der Chinesischen Medizin ist hoch komplex. Da gibt es Nahrungsmittel für ein Zuviel oder Zuwenig der drei ayurvedischen „Doshas“ (Lebensenergien) Vata, Pitta und Kapha. Ein erfahrener Ayurvedatherapeut bestimmt Ihre Konstitution und empfiehlt entsprechende Lebensmittel. In der Chinesischen Medizin spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle, welche Nahrungsmittel kühlen oder wärmen – sie sollten in jedem Falle gegensteuern, um wieder eine Balance in Ihrem Körper herzustellen. Mich alleine in diese Ernährungswelten einzuarbeiten, überfordert mich. Glücklicherweise haben die Volkshochschulen häufig Vorträge und Kochkurse zu sämtlichen Ernährungsformen im Programm.

Und dann wären da natürlich noch die Vegetarier und die Veganer. Ich bin weder das eine noch das andere. Es gibt viel Pro und Contra. Aber es widerspricht so ein bisschen meiner Losung, vielfältig zu essen. Dazu gehört auch Fleisch – ab und an, in kleinen Portionen, dafür in guter (Bio-)Qualität.

Sie merken, Ernährung ist ein weites Feld. Besonders verwirrend finde ich, dass sich Ernährungsweisen, die für sich komplett nachvollziehbar sind, gerne mal gegenseitig widersprechen. Ich kann und möchte das Thema hier nur anreißen; es sind massenhaft Bücher darüber geschrieben worden, und die Ernährungssysteme sind so komplex, dass ihre weitergehende Erläuterung hier den Rahmen sprengen würde.

Was bekommt mir?

Festzuhalten ist, dass es sich lohnt, über die eigene Ernährung nachzudenken. Sie ist in jedem Falle ein wichtiger Baustein in unserer Lebensführung, die doch einen so großen Einfluss auf unsere Gesundheit hat. Wofür Sie sich entscheiden, hängt hier vielleicht nicht so sehr an Ihrem Herzen, sondern an Ihrem Magen – was ist für Sie praktikabel, was schmeckt Ihnen? Denn wenn es uns schmeckt, setzt unser Gehirn Glückshormone frei – und die sind natürlich auch schrecklich gesund. Schließlich stellen Sie sich die Frage: Was bekommt mir? Womit fühle ich mich wohl? Grummelt nach dem Essen der Magen, bin ich müde und zerschlagen, ist es wahrscheinlich nicht die geeignete Mahlzeit für mich gewesen.

Meine 10 goldenen Ernährungsregeln

  1. Ich esse vielfältig, biologisch, regional und saisonal. Dabei kommen täglich Lebensmittel auf den Tisch, die ich mag, aber der Krebs nicht (s. o.).
  2. Ich achte auf einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt (PH-Teststreifen gibt’s in der Apotheke, Listen über saure und basische Lebensmittel unter www.zentrum-der-gesundheit.de).
  3. Einkaufen und Kochen dürfen nicht in Stress ausarten.
  4. Besser gedünstet oder gegart als roh.
  5. Besser warm als kalt.
  6. Milchprodukte setze ich sparsam ein.
  7. Besser weißes als rotes Fleisch (wobei ich ab und an Rindfleisch esse, weil es der beste Eisenlieferant ist).
  8. Ich esse möglichst wenig weißen Industriezucker und Weißmehl, das im Körper in Zucker umgewandelt wird (denn: Krebszellen lieben Zucker – also kriegen sie ihn nicht!). Besser: Rohrohrzucker oder natürliche Süßungsmittel wie Stevia, Honig, Ahornsirup oder Agarvendicksaft.
  9. Ich verwende gerne Kräuter, die in meinem Garten (Balkon) am besten wachsen (haben mir eine Schamanin und eine Heilpraktikerin geraten – in meinem Falle sind das Salbei und Oregano, denen eine entgiftende Wirkung nachgesagt wird).
  10. Ich trinke zwei- bis dreimal die Woche einen grünen Smoothie (Chlorophyll!).

Wenn ich diese Regeln beachte, bin ich schon mal nicht so schlecht – finde ich. Aber auch hier gilt: Es gibt nicht DIE tolle Ernährung, es gibt nur die beste Ernährung FÜR SIE, ganz individuell. Finden Sie – mit Hilfe von Fachleuten – heraus, was für Sie am besten ist, und lassen Sie es sich schmecken! Aber nicht zu sehr … denn auch das Gewicht spielt bei vielen Erkrankungen eine Rolle. Übergewicht sollten Sie in jedem Falle vermeiden! Das lässt sich mit Heilfasten und langfristiger Ernährungsumstellung (und Bewegung!) erreichen. Ach ja: Heilfasten kann sogar die Wirkung einer Chemotherapie günstig beeinflussen. Lesen Sie dazu im Internet bei „Spiegel Online“ ein Interview mit dem Arzt für Naturheilkunde von der Berliner Charité Andreas Michalsen: „Heilfasten: Die Gewichtsabnahme ist nur ein Mitnahmeeffekt“.

Last, but not least, kommen wir noch zu den Nahrungsergänzungsmitteln. Es ist an vielen Stellen nachgewiesen, dass die Speicher für Vitamin C und Vitamin D, Selen und Zink gerade bei Krebspatienten gut gefüllt sein sollten. Am besten ist es, die Ernährung darauf abzustellen – denn diese Vitamine und Mineralien sind am wirksamsten, wenn sie in der Nahrung gebunden sind. Oftmals aber reicht das nicht.

Ob es bei Ihnen reicht oder nicht, können Sie nur durch einen Bluttest feststellen, den Sie dummerweise häufig aus eigener Tasche zahlen müssen. Einfach so täglich eine Ladung Vitaminpillen einzuwerfen, ist auf jeden Fall nicht ratsam und kann auch schaden. Schauen Sie also genau, wie es sich bei Ihnen verhält und versuchen Sie, einen eventuellen Mangel über die Ernährung und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel auszugleichen.