Der beherzte Patient

Vom gesunden Umgang mit Krankheit

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Fünf Wochen – Mein großes Finale des Jahres 2018

(Blog) Jetzt aber schnell – sieben Stunden, bevor das alte Jahr zu Ende geht, möchte ich noch rasch über das große Finale meines Jahres 2018 schreiben. Als ob das Flügge-Werden unserer Tochter – Schulabschluss, Führerschein, Ausbildungsplatz, Auszug – nicht genug gewesen wäre. Nein, es waren ab Mitte November fünf Wochen, die sich gewaschen haben – und zu meinem Highlight des Jahres wurden!

Das Wichtigste, was in diesen fünf Wochen passiert ist: Ich habe meine Angst vor dem Krebs überwunden – na, zumindest fast. Ich bin ja schließlich auch nur ein Mensch … Und: Ich habe begriffen, weshalb die Fähigkeit, mit Unsicherheit zu leben, ein (oder der) Schlüssel zu Glück und Freiheit ist.

Ich fange mal vorne an. Alle drei Monate sind bei mir medizinische Kontrollen angesagt. Dabei ist nach der Kontrolle sofort wieder vor der Kontrolle – ich hasse sie! Das Leben könnte so schön sein, wären doch die Kontrollen nicht. Aber ich sehe ja ein, dass sie sein müssen. Ich bin nämlich nicht der Meinung, dass es bei Metastasen keine Rolle spielt, wann man sie entdeckt, wie mir Schulmediziner weißmachen wollen. Ich bin überzeugt: Je früher ich es merke und behandeln kann, desto besser!

Ich hasse Kontrollen!

Dennoch: Es war so viel los im Sommer, dass ich einmal pausiert habe, ich also erst nach sechs Monaten wieder die Tumormarker habe kontrollieren lassen und zum Gynäkologen gegangen bin. Ich weiß nicht, ich habe geahnt, dass das Ergebnis nicht so toll sein würde, und bin schon vorher bei einem Freund meiner schamanischen Weggemeinschaft vorstellig geworden, der auch therapeutisch arbeitet. Allein darüber könnte ich viele Seiten schreiben, nur so viel: Er verbindet sich energetisch mit seinen Patienten und geht in deren Körper und Seele auf die Suche nach Dingen, die der Veränderung bedürfen. Das ist alles sehr bildhaft – und beeindruckt mich. Wie schon der Autor Clemens Kuby sagte, der Heiler auf der ganzen Welt besucht und gefilmt hat: Völlig gleich, was sie tun – so lange sie es schaffen, die Selbstheilungskräfte ihrer Patienten zu aktivieren (ohne sie finanziell auszunehmen), ist alles gut. Dem schließe ich mich an.

Dann die Kontrollen:  Die Tumormarker hatten sich verdoppelt – gar nicht gut -, und der Gynäkologe fand wieder etwas Wasser im Bauch (eventuelles Zeichen für eine aktive Bauchfellkarzinose) und sorgte sich um meine Gebärmutter, die sich nicht verschieben ließ.

Also: Nach dem Tumormarkerbefund, den ich per Mail im Büro erhielt, habe ich drei, vier Stunden gebraucht, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Ich freue mich über diesen Fortschritt: Es geht jedes Mal schneller … Dann der Befund beim Gynäkologen: Vor Freude gehüpft bin ich nicht, aber ich war auch nicht besonders besorgt. Ich wusste nur: Jetzt muss ich mich zu hundert Prozent um mich selbst kümmern und aktiv werden.

Die Angst – war weg!

Ich staunte selbst: Von der Angst, die mich bei solchen Kontrollergebnissen normalerweise überfällt, war nicht viel zu spüren. Erklären kann ich es nicht, aber freuen kann ich mich darüber, weiß ich doch, dass Angst der größte Krankmacher und Heilungsverhinderer auf Erden ist. Es ist etwas, woran ein Arzt und Freund schon lange mit mir arbeitet. „Bettina“, pflegt er regelmäßig zu sagen, „Du bist schon so weit – aber es fehlt noch ein kleines Stück. Du musst Deine Angst überwinden.“ „Na super“, pflege ich zu diesen Anlässen zu sagen, „und wie, bitteschön, soll das gehen?“. Dann lächelt er nur und zieht die Augenbrauen hoch. Das kann ich ja leiden …

Und plötzlich – war es so. Es drohte ein Krebsrückfall – und ich hatte (fast) keine Angst. Ich war völlig fasziniert. Und lief voller Zuversicht los.

Als erstes rief ich meinen integrativen Onkologen an. Ich bin ja in der glücklichen Lage, ein geniales Ärzte- und Therapeutenteam zu haben. Na ja, ich hab’s mir gesucht. Dazu gehören mein wunderbarer Gynäkologe und Operateur, der befreundete Arzt, unter anderem für Chinesische Medizin, und drei Onkologen: ein integrativer Onkologe und eine komplementäre Onkologin, beide privat niedergelassen, und eine schulmedizinische (und sehr offene!) Onkologin an der Uniklinik, die mich begleitet und die kassenärztliche Versorgung übernimmt. Dazu eben meine Schamanen, die sich mit mir um meine Seele kümmern. Und alle zusammen unterstützen meine innere Ärztin. Die trifft schließlich die Entscheidungen. Mein Lieblingszitat, von Paracelsus, dem mittelalterlichen weisen Arzt: „Der Arzt verbindet deine Wunden, dein innerer Arzt lässt dich gesunden.“

Die Kombination macht’s

Der integrative Onkologe analysierte die Lage und hatte sofort für jede mögliche Situation einen Plan (sehr beruhigend). Von den vielen Optionen habe ich zwei ausgewählt: Ein ordentliches Staging per PET-CT, ein Verfahren, das jede Tumorzelle im Körper sichtbar macht. Und eine entgiftende, antientzündlich wirkende Schwefelkur. Bei der komplementären Onkologin stieg ich sofort wieder in die Hyperthermie ein und begleitete sie mit 16- bis 24-stündigem Fasten. „Fasten ist ein Albtraum für die Krebszelle“, sagt der amerikanische Krebsforscher Professor Valter Longo, und ich bin davon überzeugt (siehe auch meinen Beitrag übers Fasten). Noch überzeugter bin ich von der Wirksamkeit kombinierter Methoden: Tumorzellen durch Fasten schwächen und dann die Hyperthermie obendrauf – dann sind sie fertig. Weil ich ein friedliebender Mensch bin, begleite ich dies durch Visualisierungen und biete den kranken Zellen an, sich vorher freiwillig in Liebe zu verwandeln. Wenn sie nicht wollen – bitte sehr. Dann tschüss.

Ich hatte mir für all meine Gesundheitsmaßnahmen zwei Wochen im Büro freigenommen. Eine gute Entscheidung. Diese Zeit brauchte ich unbedingt. Also wo war ich? Nach Gynäkologe und Onkologen konsultierte ich natürlich auch meinen Arzt für Chinesische Medizin. Der war sehr zufrieden und wollte mir außer Akupunktur, die ich eh zweimal im Monat bei ihm habe, nichts weiter anbieten. Er fand, alles sei auf einem guten Weg.

Heilung in der heiligen Inipi-Zeremonie

Ein weiterer Anruf galt dem Leiter meiner schamanischen Weggemeinschaft. Er hatte mir einmal angeboten, den Kreis zu rufen, wenn ich ihn dringend brauchte. Ich war damals sehr gerührt und rief aus, „nur im äußersten Notfall!“ „Nein“, sagte er, „warte nicht zu lange.“ Ich brauchte auch nicht extra zu rufen – in der Regel lege ich meine Kontrollen in zeitliche Nähe zu unseren regulären Wochenenden oder Abendseminaren (für alle Fälle). Das nächste Treffen stand ohnehin an – und mein Lehrer bot mir an, die Schwitzhütte, die heilige Inipi-Zeremonie, ganz alleine vorzubereiten. Das hieß, 250 Gebetsbeutel zu fertigen. Eine große Ehre! Aber auch zehn Stunden Arbeit … Im Bild zum Post seht Ihr meinen „Arbeitsplatz“, den ich (zur wohlmeinenden Belustigung meiner Familie) im Schlafzimmer aufgebaut hatte.

Nach einer wunderbaren Heilungsschwitzhütte, in der ich, wie sich herausstellte, anderen Teilnehmern genauso helfen konnte wie sie mir, fuhr ich direkt in den Schwarzwald zu meinen Freunden mit dem netten Kur- und Gesundheitszentrum zum Fasten und „Zu-mir-Kommen“. Nach sechs wunderbaren Tagen mit Yoga, Wandern und netten Menschen habe ich das Heilfasten insgesamt elf Tage durchgezogen, habe es wiederum mit Hyperthermie, dem Schwefel und meinen regulären Chemo-Tabletten kombiniert.

Über all diesen Maßnahmen habe ich aber nicht meine Seele vergessen. Der Arzt und Autor Bernie Siegel zitiert in seinem Buch „The Art of Healing“ Platon mit den Worten: „Wenn Kopf und Körper gesund sein sollen, musst du damit beginnen, die Seele zu heilen.“ Das heißt für mich immer: Wozu dient dieser neuerliche Weckruf? Und, was soll ich sagen, ich wusste es ziemlich schnell …

Zeit für eine Kurskorrektur

Auf einer schamanischen Trommelreise war ich einmal einem Adler begegnet. Den fragte ich, was ich denn tun könne, um gesund zu bleiben. Der schaute mich mit bernsteinfarbenen Augen an und sagte: „Kündige Deinen Job.“ Ich war total perplex – wie bitte? Ich bin doch nicht wahnsinnig – ich brauche das Geld, brauche meine Versicherungen, die Rente … Ich habe schon enorm reduziert, viel Verantwortung abgegeben (was mir schon enorm schwer fiel). Noch auf dieser Trancereise begann ich dem Adler heftig zu widersprechen … Aber dennoch, dieser Moment hatte mich beeindruckt und ich dachte ernsthaft darüber nach. Ich wusste, es ging nicht darum, einfach nicht mehr zu arbeiten – sondern meinen Fokus neu auszurichten auf das, womit ich offenbar vielen Menschen helfen kann. Und das sind die Projekte rund um den „Beherzten Patienten“, für die ich nie genug Zeit finde.

Nun war es also so weit. Die Seele machte mit ihrem Wunsch, meinen (Berufs-)Weg zu korrigieren, ernst. Ich auch. Nach einigen Gesprächen mit meiner Familie und Freunden habe ich zwar nicht gekündigt, aber meine Arbeitszeit noch weiter heruntergefahren. Diese Zeit widme ich nun dem „Beherzten Patienten“ – einer neuerlichen Aktualisierung meines Büchleins, Zusammenstellung eines neuen Buches, Vorträgen, Workshops, Kooperationen, es gibt schon so viele Ideen.

Energieausgleich für den „Beherzten Patienten“

Gleichzeitig habe ich mir fest vorgenommen, mit diesem Projekt zumindest etwas Geld zu verdienen, um einen gewissen „Energieausgleich“ zu bitten. Das, was ich für den Verkauf meines Büchleins bekomme, reicht längstens nicht für meine Investitionen, zum Beispiel in Flyer oder meine Website. Ich muss auch sagen, ich möchte meine Dienstleistungen, so sehr sie auch Herzenssache sind und mir selbst gut tun, nicht mehr nur gratis hergeben. Ich freue mich, wenn ich als Referentin eingeladen werde – aber muss ich wirklich noch für die Fahrt- und Parkkosten selbst aufkommen? Kürzlich habe ich vor Führungsfrauen einer Krankenkasse einen zweieinhalbstündigen Workshop gegeben, das waren mit Anfahrt und Vorbereitung zwölf Stunden Arbeitsaufwand. Honorar: 0 Euro. Das Feedback war gigantisch – aber wie bezahle ich meine Kurse und Therapien, über deren Erfahrungen ich in solchen Vorträgen und Workshops spreche? Denn wer den „Beherzten Patienten“ kennt, weiß, dass ich nicht irgendetwas fabuliere, sondern handfeste, selbst gemachte Erfahrungen teile. Für all diese Erfahrungen bezahle ich! Wenn ich diese Erfahrungen irgendwann nicht mehr teile, liegt es daran, dass ich die dafür nötigen Therapien und Seminare nicht mehr bezahlen kann! So geht es also nicht weiter. Nein, reich werden will ich damit nicht. Aber arm auch nicht.

Ziemlich viel für fünf Wochen, nicht? Die meisten Aktivitäten waren gelaufen, als ich eigens nach Köln fuhr, wo mir meine Krankenkasse die PET-CT bezahlte. Das Ergebnis: Vier etwas verdächtige Lymphknoten, wobei „ein Metastasenbefall unwahrscheinlich sei“ (vielleicht eine kleine Entzündung?) – ansonsten alles sauber. Keine Tumorzelle weit und breit – auch nicht an den für Brustkrebs so typischen Orten wie Gehirn, Lunge, Leber, Knochen. Nach zwei weiteren Hyperthermien noch eine Sitzung bei einer wundervollen EFT-Therapeutin (EFT: „Emotional Freedom Tapping“), die sich meinen atemlosen Bericht anhörte und befand: „Du hast alles getan, was du tun konntest. Nun musst du nichts mehr tun. Nur sein.“ Dann begannen wunderbare Ferien zuhause mit meinen Lieben.

Wie geht es nun weiter? Ich habe wirklich das Gefühl, die Arbeit, die getan werden musste, habe ich getan, wieder einmal mit einer wunderbaren Unterstützung von vielen Seiten. Im neuen Jahr werde ich noch einmal mit meinen Ärzten sprechen, die Tumormarker wieder kontrollieren lassen. Sind sie wieder im Normbereich, war’s das, wenn nicht, gibt es vielleicht noch eine Laparoskopie, zur Sicherheit. Dem sehe ich völlig gelassen entgegen. Ich postuliere diese Maxime nicht nur, ich versuche sie auch wirklich zu leben: Wir haben unser Leben mehr in der Hand, als wir meinen. Aber nie ganz. Da gibt es etwas, das lässt sich nicht von uns kontrollieren. Und das ist auch gut so.

Eines ist sicher: Sicher ist nichts.

Damit komme ich zu meinem letzten Punkt: dem Leben mit der Unsicherheit. Was ist, wenn? Patientinnen und Patienten, zumal solche mit möglicherweise lebensgefährdenden Erkrankungen, wissen davon ein Lied zu singen. Da bei ergeht es uns nicht anders als jedem anderen Menschen, auch den vermeintlich gesunden. Auch ihr Leben kann sich vom einen auf den anderen Tag unverhofft ändern, zum Guten wie zum Schlechten. Wir Patienten können diese Tatsache nur schlechter verdrängen.

Aber das ist auch ein Vorteil. Irgendwo in Asien gibt es ein Dorf, dessen Bewohner sich täglich gegenseitig daran erinnern, dass sie sterben müssen. Es sollen die glücklichsten Menschen der Welt sein, sind sie sich doch darüber bewusst, dass jeder Tag zählt, und dass das Leben nicht gestern und nicht morgen, sondern heute stattfindet. Das ist es, was die Autorin und Nahtoderfahrene Anita Moorjani stets sagt: Schau nicht aufs Ergebnis. Sei du selbst – und lebe DEIN Leben. Jetzt.

Voller Dankbarkeit blicke ich auf das vergangene Jahr zurück, insbesondere auf die letzten fünf Wochen. Was für ein Geschenk! Genauso dankbar, freudig und voller Zuversicht blicke ich auf das Jahr 2019. Aber das beginnt ja erst morgen. Jetzt mache ich mich erstmal an die Vorbereitungen fürs Silvester-Raclette.

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