Der beherzte Patient

Vom gesunden Umgang mit Krankheit

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Gut für mich und für andere: entschieden leben!

(Blog) Den Mentalcoach Thomas Dingler habe ich bei einem Vortrag im Kur- und Gesundheitszentrum Friedborn im Schwarzwald kennengelernt, während einer fünftägigen Heilfastenkur. Bekanntlich reinigt sich dann nicht nur der Körper, sondern auch der Geist ist bereit zu Veränderung. Von negativen Glaubenssätzen, Zitronenlimonade und einem selbstbestimmten Leben.

Was verstehen Sie unter Mentalcoaching oder Mentaltraining?

Mir geht es darum, den Menschen klarzumachen, dass die Kraft unserer Gedanken die stärkste Kraft in unserem Leben ist. Leider sind wir uns dessen meist nicht bewusst, und unsere Gedanken beeinflussen uns in ungünstiger, gewissermaßen störender Art und Weise. Das ist auch evolutionär bedingt: Unsere Furcht vor dem Säbelzahntiger hinter dem nächsten Busch ist größer als die Freude über das Lächeln eines fremden Menschen auf der Straße. Allerdings passiert Ihnen Letzteres wahrscheinlich häufiger … Das heißt, wir sind gut beraten, wenn wir ganz genau hinschauen, erkennen und bei Bedarf gegensteuern.

Wie funktioniert das?

Kurz gesagt: Mentaltraining ist die Kunst, unsere Gedanken und unser Verhalten zu beeinflussen. Es gibt uns Strategien an die Hand, ungünstige und damit auch falsche Glaubenssätze aufzudecken und umzuprogrammieren. Wenn ich sage, das schaffe ich eh nicht, muss ich mich nicht wundern, wenn es mir wirklich nicht gelingt.

Wie entstehen diese negativen Glaubenssätze eigentlich, und warum sind sie so hartnäckig?

In der Regel sind sie erlernt. Ein Beispiel: Eine Mutter sagt zu ihrem Kind wiederholt: Das kannst du nicht, dazu bist du noch zu klein. Nach einer Weile traut sich das Kind vor vornherein viele Dinge nicht mehr zu – obwohl es inzwischen reifer und überhaupt nicht mehr zu klein ist, um bestimmte Aufgaben zu bewältigen. Aus dem gut gemeinten ‚dafür bist du noch zu klein‘ der fürsorglichen Mutter wird dann im Erwachsenenalter ein ‚das ist eine Nummer zu groß für mich‘ oder ‚das traue ich mir nicht zu‘. Die Konsequenz: Wir bleiben häufig unter unseren Möglichkeiten, weil uns der Mut und das Selbstvertrauen fehlen.

„Ich vertraue meinen Fähigkeiten“

Und was macht man dann konkret?

Es gilt, den alten, negativen und hemmenden Glaubenssatz zu erkennen und durch einen neuen, positiven und förderlichen zu ersetzen. Zum Beispiel ‚Ich vertraue meinen Fähigkeiten und versorge mich mit allem, was ich dafür benötige …‘ macht uns mutig, unsere Ziele zu erreichen. Schon der Aufbruch zur Zielerreichung oder Wunscherfüllung macht uns zu einem ausgeglichenen, zufriedenen, erfüllten Menschen. Es geht dabei nicht um Heldentum, vielmehr darum, dass wir die an uns gestellten Anforderungen gut und mit Freude in Angriff nehmen und bewältigen können. Es geht darum, die Anforderungen und den Bewältigungsglauben wieder in eine gesunde Balance zu bringen.

Also muss ich mich doch manchmal geschlagen geben …

Natürlich klappt nicht alles im Leben so, wie wir uns das vorstellen. Aber es macht einen gewaltigen Unterschied, ob ich etwas günstig oder ungünstig beurteile. Wir alle sehen doch die Welt durch unseren persönlichen Filter. Wenn mir jemand eine Zitrone reicht, kann ich mich schütteln und das Gesicht verziehen. Ich kann mich aber auch darüber freuen und Zitronenlimonade daraus machen. Wie ich etwas sehe, ist allein meine Entscheidung. Deshalb habe ich mein Projekt „entschieden!leben“ genannt, weil wir bewusst entscheiden können, wie wir leben. Und zwar so, dass es ein Gewinn für uns selbst und unsere Mitmenschen ist. Anders gesagt: Was wir denken, formt unseren Geist und bestimmt unser Verhalten. Jeder Realität, jeder Wirklichkeit geht immer die eigene Mentalität, der Gedanke voraus. Ist meine Wirklichkeit ungünstig und fühle ich mich nicht wertgeschätzt, bin ich unzufrieden mit meinem Leben, dann sollte ich dringend mein Denken überprüfen und ungünstige und ‚unwahre‘ Glaubenssätze ändern.

„Wir sind, was wir denken und fühlen“

Das klingt ja richtiggehend daoistisch … Die alten Chinesen sagten ja schon, dass wir mit unseren Gedanken die Welt erschaffen …

Das ist tatsächlich so und das alles sind auch nicht meine Erkenntnisse! Buddha sagte, alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir bisher gedacht haben. Römische Kaiser, griechische Philosophen und natürlich auch die Daoisten hatten diese Einsichten. Wir sind, was wir denken und fühlen! Übrigens finden wir gleichlautende Erkenntnisse auch in der heutigen Neurowissenschaft, Verhaltenspsychologie und Positiven Psychologie. Durch unsere Gespräche und die im Alltag leicht anwendbaren Interventionstechniken erkennen meine Klienten ihre günstigen Bewältigungsstrategien und stärken zuverlässig ihre Mentalressourcen. Werden hemmende, eingrenzende Glaubenssätze und Denkmuster erkannt und in förderliche, unterstützende umgekehrt, entdecken wir Menschen die weite Welt unserer Möglichkeiten und machen sie uns zugänglich. Vieles, was früher den ‚anderen‘ vorbehalten war – Zufriedenheit, Freude, Harmonie und Erfolg – kann nun in das eigene Leben Einzug halten. Den größten Lohn meine Arbeit sehe ich darin, meinen Klienten die ‚beste Version ihrer Selbst‘ zeigen zu dürfen und zu sehen, was sie daraus entwickeln.

Jetzt interessiert mich wieder das Wie …

Es geht darum zu lernen, achtsam zu sein, im Moment zu leben. Das ganze Leben ist überhaupt nur eine Ansammlung einzelner Momente, vergleichen Sie es mit ihrem Atem. Wir können immer nur den Atemzug in diesem Moment nehmen. Versuchen Sie mal, den von vor einer Minute nachzuatmen oder den von morgen vorweg zu schnaufen – wenn Ihnen das gelingt, sollten Sie sich beim Nobelpreisträger-Komitee melden! Es gibt immer nur diesen Moment! Und alles, was in diesem Moment in meinem Leben existiert, füllt diesen Moment aus. Und jetzt kommen wir und bewerten diesen Moment, in dem wir durch unsere Glaubenssätze, ähnlich Filter, blicken. Sind die Filterscheiben getrübt, wird die Bewertung eher verzerrt und ebenfalls getrübt ausfallen. Auf Basis dieser getrübten Bewertung durch unsere Glaubenssätze und Erfahrungen entscheiden wir, wie wir uns fühlen, verhalten und wie wir handeln werden. So erklärt sich auch, dass der eine wie der Phönix aus der Asche steigt und der andere darin verglüht, obwohl beide vielleicht einen sehr schmerzhaften Moment erleben, wie zum Beispiel die Diagnose einer schweren Krankheit. Aber erst durch unsere eigene Bewertung erfährt der Moment seinen Wert.

Bleiben wir doch mal bei dem Beispiel einer lebensbedrohenden Diagnose. Wie kann ich mir in diesem Schockmoment am besten helfen?

Natürlich gibt es bei der Diagnose einer schweren Krankheit nichts schönzureden, aber ich werde mich sicher nicht besser fühlen, wenn ich sämtliche Horrorszenarien in meine Bewertung einbeziehe. Und verschwinden wird sie dadurch auch nicht. Eine viel günstigere Gedankenausrichtung ist die Fokussierung auf unterstützende, förderliche Erfolgsgeschichten, die meine Kraft und meine Zuversicht fördern, sodass ich die dunklen Wolken vorüberziehen lassen kann. Natürlich wird mir das nicht immer gelingen. Muss es auch nicht, aber wenn ich es schaffe, nur einmal mehr zuversichtlich als verzagt zu sein, habe ich schon etwas gewonnen. Das tut nicht nur der Seele gut. Der Einfluss auf unser Immunsystem durch unsere Gedanken, unsere Einstellung und unser Verhalten ist erwiesen.

Gefühle sind unsere Verbündeten

Werden wir konkret. Diagnose Krebs und mein Arzt schlägt mir eine Chemotherapie vor …

Schon die Diagnose wird mich umhauen und dann die vielen Bilder, die plötzlich vor meinem inneren Auge wie ein Film ablaufen, gleich nochmal. Und wie schon erwähnt, bewerten wir alles Bedrohliche weitaus höher als den Rest. Sofort habe ich Bilder von glatzköpfigen, leidenden Menschen vor mir und möchte Nein! rufen. Dieses Gefühl sollte ich ernst nehmen, denn es ist ja da und es wegzureden, macht es nur noch schmerzhafter und stärker. Aber Sie könnten zum Beispiel sagen: Liebes Gefühl, ich kenne dich, du bist meine Angst und ein Teil von mir. Wir haben immer gut aufeinander achtgegeben, und du darfst dich auch dieses Mal ganz und gar auf mich verlassen und darauf vertrauen, dass ich wieder die bestmögliche Lösung für uns finden werde. Unsere Gefühle sind unsere Seismographen, sie teilen uns Wichtiges mit, und wir sollten sie ernst nehmen.

Aber wie gehe ich mit meinen Gefühlen um?

Das Beispiel mit dem Gefühl Angst zeigt, wie wir mit unseren Verbündeten umgehen sollten. Denn es ist so: Wir haben die verschiedensten Gefühle, aber wir sind nicht diese Gefühle. Unsere Gefühle sind Anteile in uns und wir selbst entscheiden, wie wir mit ihnen umgehen, welche Macht wir ihnen einräumen. Wenn ich wie beschrieben mit meinem Angstgefühl umgehe, wird es mich sicher achtsam für Handlungsoptionen, Möglichkeiten und Neues machen, aber nicht handlungsunfähig oder gar lähmen. Generell wäre es jetzt ratsam zu überlegen, welche mentalen Fähigkeiten, welche mentalen Ressourcen mich in meiner jetzigen Situation unterstützen, mir Kraft und Zuversicht geben. Eine Auswahl wäre zum Beispiel die Zuversicht, die Klarheit, die Stabilität, das Vertrauen, die Gelassenheit, die Harmonie, die Motivation, die Sicherheit, die Zufriedenheit und das innere Gleichgewicht. Dies ist natürlich nur eine Auswahl, die durch ein Training oder Coaching aufgebaut werden kann.

„Dem Stress liegt eine ungünstige Bewertung zugrunde“

Diese Hinweise gelten doch eigentlich für jegliche Stresssituation.

Wie entsteht Stress? Nicht die Umwelt ruft ihn hervor, sondern unsere subjektive Wahrnehmung und die damit verknüpfte negative Einstellung. Das gilt auch für die eine schlimme Diagnose. Dem Stress liegt eine ungünstige Bewertung zugrunde. Hier ist der Trick, einen Schritt zurückzutreten und die Situation von außen zu betrachten. Dann habe ich sofort mehr Handlungsmöglichkeiten. Verschaffe ich mir Klarheit im Außen, fühle ich mich auch in meiner Innenwelt aufgeräumt und umgekehrt. Und zusätzlich hat ein Dauerstress sehr ungünstige Auswirkungen auf mein Wohlbefinden und mein Immunsystem.

Eigentlich ist das den meisten Menschen doch klar, theoretisch zumindest. Und ich bewerte trotzdem und bleibe in der Situation gefangen.

Das ist die Gretchenfrage: Was hindert mich daran, etwas zu verändern? Da muss man ein bisschen forschen. Zum Beispiel gibt es einen Krankheitsgewinn: Ich genieße die Aufmerksamkeit, die ich bekomme, und vielleicht auch, dass ich bestimmten Pflichten nicht nachkommen muss. Aber was gewinne ich, wenn ich gesund bin? Mentaltraining arbeitet viel mit der Vorstellungskraft: Ich kann an einem Schicksalsschlag zugrunde gehen. Aber ich kann auch wie ein Phönix wieder aus der Asche emporsteigen. Es ist meine Entscheidung.

 

Thomas Dingler ist ausgebildeter Lebensberater und akademischer Mentalcoach.
Mehr zu Thomas Dingler: https://www.entschiedenleben.com/

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