Der beherzte Patient

Vom gesunden Umgang mit Krankheit

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Statt alles mal nichts – Wunderwaffe Fasten

(Blog) Er ist Feuer und Flamme fürs Fasten – der praktische Arzt Karl Heinz Amann, Arzt für klassische Homöopathie mit Fastenarztdiplom. Er hat seine Praxis in Bad Säckingen im Südschwarzwald und ist leitender Klinikarzt im wenige Kilometer entfernt liegenden Kur- und Gesundheitszentrum Friedborn, geführt von langjährigen Freunden meiner Familie, wo auch ich mich gerne zum Heilfasten einquartiere.

Wann haben Sie zum letzten Mal gefastet?

Ich faste jedes Jahr, mindestens einmal und mindestens eine Woche. Jetzt ist es bald wieder Zeit. Ideal wären eigentlich drei Wochen, aber das schaffe ich nicht immer. Meine Frau und ich schieben dafür regelmäßig Suppenwochen ein oder essen abends nichts. Ich muss zugeben, da ist meine Frau weiter als ich – ich nehme abends manchmal noch etwas …

Warum fasten Sie regelmäßig?

Vor allem wegen des Reinigungseffektes. Das ist noch ein Schritt weiter als vegetarisch oder vegan zu leben. Ich bin mit Mischkost aufgewachsen und als Student zum Vegetarier geworden. Allerdings bin ich wieder zur Mischkost zurückgekehrt, wenn auch bewusst – mit weniger Fleisch und Lebensmitteln in Bioqualität. Vor neun Jahren haben meine Frau und ich dann gemeinsam drei Wochen gefastet – danach war Schluss mit dem Fleisch. Auch auf Milchprodukte verzichten wir inzwischen weitgehend – na ja, ganz kann ich vom Käse noch nicht lassen …

Zurück zum Fasten. Das ist ja mehr als einfach nichts zu essen. Sie haben schon den Reinigungseffekt angesprochen …

Fasten darf man nicht mit Hungersnot verwechseln, es ist eine aktive Entscheidung, Motivation und Engagement. Ja, in erster Linie ist es eine Reinigung. Unser Stoffwechsel kann optimal mit Mangel umgehen. Es fehlt nichts, sondern der Körper fängt an, Depots abzubauen: Eiweißablagerungen in den Zellen, natürlich Fettreserven, Stoffwechselprodukte wie freie Radikale und Säuren, also Abraumstoffe, die er abführen muss. Das geht natürlich auch ohne Fasten, über die Niere, die Leber und den Darm. Aber man kann diesen Prozess beim Fasten intensivieren. Dabei kann und sollte man das Fasten individuell steuern, zum Beispiel auf Menschen mit geringem Körpergewicht abstimmen. Deshalb geben wir hier in Friedborn auch Obst- und Gemüsesäfte und damit Kalorien und Vitamine dazu. Genauso wichtig ist es, viel zu trinken, um den Reinigungsprozess zu unterstützen. Wasser und Kräutertees sind hier eine gute Wahl. Anwendungen wie Lymphdrainage, Massagen, Einläufe und Darmspülungen, Bäder und verschiedene Wasseranwendungen wie Dauerbrausen und Schielebäder unterstützen das Fasten zusätzlich.

Welches sind Ihre größten Erfolge, die Sie als Fastenarzt beobachten konnten?

Zunächst sind da die Stammkunden, die immer wieder kommen und sehr von der Fastenkur profitieren. Aber es gibt auch einige Besonderheiten. Wir hatten einmal eine Patientin hier, die zwölf Wochen gefastet hat und ihre Beschwerden damit erheblich lindern konnte, was mit schulmedizinischen Mitteln nicht gelang. Zusätzlich konnte sie ihr Übergewicht abbauen und auch die psychische Ebene wurde dadurch günstig beeinflusst. Natürlich haben wir sie in dieser Zeit gut überwacht, ihr zum Beispiel manchmal ein bisschen Haferschleim, Vitamine und Mineralien dazugegeben, Vitamin D zum Beispiel oder auch B12. Menschen mit entzündlichen Erkrankungen wie Rheuma haben oft Erfolge durch Fasten. Ich erinnere mich auch an einen Gast mit Pankreaskrebs. Nach Operation und mehreren Chemos hatten sich Lebermetastasen gebildet. Die gingen während einer sechswöchigen Fastenkur erheblich zurück. Krebszellen kann man mit Fasten richtiggehend aushungern, weil sie den veränderten Zellstoffwechsel nicht vertragen, gesunde Zellen aber sehr wohl, sie können sich dadurch sogar regenerieren.

Es gibt in letzter Zeit immer mehr wissenschaftliche Studien über die Wirkungsweise des Fastens, insbesondere bei Krebs. Es fallen Begriffe wie „Autophagie“ oder Ernährung von Ketonkörpern. Können Sie das erklären?

Autophagie bedeutet so viel wie „sich selbst fressen“. Unser Körper hat die Möglichkeit, die Stoffe, die uns nicht gut tun, durch Fresszellen zu beseitigen. Jeder Mensch hat solche Fresszellen, aber wenn ich sie durch Fasten unterstütze, kann ich krankhafte Prozesse bereinigen. Allerdings ist meines Erachtens gerade bei Krebs eine ganzheitliche Behandlung wichtig, das heißt, auch die seelische Situation muss mit betrachtet werden. Die Ketonkörper haben mit Energie zu tun. Krebszellen mögen Zucker, also sollten wir sie nicht damit füttern. Wenn der Körper keinen Zucker bzw. Glukose bekommt, greift er auf Fette zurück, verwandelt sie in so genannte Ketonkörper, die gesunden Zellen die Energie liefern, die sie brauchen. Krebszellen können damit aber nichts anfangen und sterben ab.

Fasten kann man auf verschiedene Art und Weise. Welche Arten des Fastens gibt es?

Es gibt beispielsweise das Buchinger-Fasten, das die Grundlage für unser Fasten in Friedborn bildet, das ist Fasten mit Wasser, Tee, Säften und Brühe. Das Mayr-Fasten arbeitet mit Milch und Semmeln, wobei ich persönlich von diesen Nahrungsmitteln eher wegkommen möchte. Ich finde, das Buchinger-Fasten ist ein guter Kompromiss, es ist auch wissenschaftlich gut untersucht. Indem ich zumindest einige Kalorien zu mir nehme, kann ich auch länger fasten. Ich meine: je länger, je besser. Entscheidend ist aber, dass ich mich nach dem Fasten dauerhaft gesund ernähre. Eine Umstellung fällt nach dem Fasten auf jeden Fall leichter.

Aber es heißt doch, dass auch kürzere Fastenintervalle nützlich sind …

Das stimmt. Ich kann täglich 12 bis 16 Stunden fasten, beispielsweise, indem ich Frühstück oder Abendessen weglasse. Dann setzen die Reinigungsprozesse bereits ein. Dazu sollte man aber vor allem die Nüchtern-Zeit abends und über Nacht einhalten

Wer eignet sich besonders für eine Fastenkur?

Jeder! Es gibt wenige Kontraindikationen, andererseits kann man sehr individuell auf die jeweilige Situation eingehen.

Sollte man immer unter ärztlicher Aufsicht fasten?

Das kommt darauf an. Beim Reinigungsfasten bei Gesunden muss das nicht sein. Vielleicht beim ersten Mal, dann hat man Erfahrung und kann es dann alleine zuhause machen. Einige Gäste fasten auch eine Woche in Friedborn, nutzen unsere Angebote und genießen eine Auszeit. Dann ziehen sie das Fasten zuhause noch weiter durch – denn wenn man erst einmal dabei ist, fällt es relativ leicht, länger durchzuhalten und die positive Wirkung noch zu steigern. Ärztliche Betreuung empfehle ich Personen mit Krankheiten, die fasten möchten.

Kann ich während des Fastens arbeiten?

Grundsätzlich ja. Vielleicht nicht gerade, wenn dort Hochstress herrscht … Es kann schon sein, dass ich mittags mal ein bisschen müde werde und eine Pause brauche, außerdem muss ich Zeit und Muße haben, meine Säfte und sonstigen Getränke zuhause vorzubereiten.

Wie oft sollte man fasten?

Das ist auch individuell verschieden. Bin ich gesund, reicht eine Reinigungskur im Jahr. Habe ich eine Krankheit, darf es gerne zweimal und dann auch länger als eine Woche sein – mein Ideal sind hier, wie gesagt, drei Wochen. Wenn man das nicht schafft, gibt es noch eine gute Möglichkeit: Man verlängert den Aufbau nach der Fastenkur. Je nachdem, ob man das Fasten gewöhnt ist oder nicht, dauert der Aufbau bis zu drei Tagen. Aber wer hindert mich daran, fünf, acht oder zehn Tage vor allem Pellkartoffeln und Gemüse zu essen und abends zu fasten?

Interview: Bettina Kübler, www.der-beherzte-patient.de

Foto: Karl Heinz Amann informiert in Friedborn Gäste über das Fasten. c Daniel Gerteiser/Foto und Design, Waldshut

Weitere Infos:

Kur- und Gesundheitszentrum Friedborn: https://www.friedborn.de

Privatpraxis von Karl Heinz Amann: Rheinbrückstraße 16, 79713 Bad Säckingen, Telefon: 07761 5538111

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Super spannende Arte-Dokumentation über die jüngsten erstaunlichen Forschungsergebnisse zum Fasten: https://www.arte.tv/de/videos/043980-000-A/fasten-und-heilen/

 

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